Mit der ausgezeichneten Visitenkarte wird ein Schuh draus


RICOSTA Schuhfabriken GmbH - Ein eigener Werkzeugbau ist nicht typisch für die Schuhindustrie, denn meist man lässt die Sohle konfektionieren und kauft die Formen ein. Beim Unternehmen RICOSTA dagegen hat der Werkzeugbau Tradition und so behält man die Wertschöpfung im Haus. Mit dem 5-Achs-Bearbeitung-Zentrum VERSA 825 inklusive einer Automatisierung von Fehlmann ging man in Donaueschingen allerdings noch einen Schritt weiter. Man investierte damit bewusst in die Zukunft.


Spezialisiert hat man sich auf die Entwicklung und Herstellung von Kinderschuhen und setzt dabei bislang auf Sohlen aus Polyurethan. Polyurethan deshalb, weil der Werkstoff zwar nur die Hälfte der Dichte von Gummi hat, dafür aber nur halb so schwer ist. Pro Jahr werden beim Unternehmen RICOSTA so an den Standorten Donaueschingen, Polen, Ungarn, Rumänien und Kroatien knapp zwei Millionen Schuhe gefertigt. Das entspricht etwa 9.000 Paar Schuhe am Tag. Dafür sind derzeit pro Jahr 10 bis 12 Formserien mit bis zu 15 unterschiedlichen Größen notwendig. Die Werkzeuge dafür werden ausschließlich in Donaueschingen konstruiert, programmiert und gefräst. Diese Werkzeuge bestehen aus sechs Bauteilen: Die Spangenrahmen innen und außen sowie links und rechts plus zwei Modelle. In den letzten 10 Jahren hat man sich dabei auf das 5-Achs-Bearbeitungszentrum (3 + 2 Achsen) PICOMAX 90 von Fehlmann verlassen. 2007 war so auch das Jahr, in dem man bei RICOSTA professionell in den Werkzeugbau einstieg, denn es waren nicht nur die komplexen Geometrien in den Seitenrahmen sondern man beabsichtigte mit der Investition in die PICOMAX 90 und der entsprechenden Software für die Zukunft neben der Formenrahmen auch Sohlenmodelle selbst zu konstruieren und herzustellen. Relativ schnell stellte man dann aber fest, dass der häufige Materialwechsel auf der Maschine (Kunstharz-trocken/Aluminium- nass) bzw. das Säubern zu zeitintensiv wurde. Für Peter Allaut, Leiter Forschung und Entwicklung musste deshalb in ein weiteres 5-Achs-Bearbeitungszentrum investiert werden: „Obwohl wir das Potenzial der PICOMAX 90 zum Teil nicht ausschöpfen konnten, war klar, wir mussten in diesem Bereich etwas tun. Zumal wir das Fertigungsspektrum mit komplexen Sohlenmodelle mit entsprechenden Hinterfräsungen und seitlichen Anstellungen erweitern wollten. Außerdem wollten wir neben Positiv-Modellen, auch Negativ-Modelle aus Aluminiumblöcken fräsen. Deshalb musste es eine Maschine sein, mit der wir 5-Achs-Simultanfräsen konnten. Zusätzlich war aber noch geplant, für Serien mehr Formen aufzulegen. Deshalb war uns auch ein mannloser Betrieb mit einer Automatisierung wichtig.“

Mit hoher Auslastung Zeiten für Produktfindung und Entscheidungen kompensieren
Nach einem intensiven Benchmark entschied man sich dann für das 5-Achs-Bearbeitung-Zentrum VERSA 825 von Fehlmann. Auch wenn Fehlmann mit der PICOMAX 90 eine äußerst präzise und zuverlässige Visitenkarte abgegeben hatte, war das kein Selbstläufer. Zunächst war es die mögliche Werkstückgröße in Relation zu den Abmessungen der Maschine inklusive der Automation. Hier baut die VERSA mit Verfahrwegen von 875 x 700 x 450 mm (X, Y, Z) und A +/- 115°, B 360° bei einem Platzbedarf von 2,3 x 3,3 x 3,2 m (B/T/H) äußerst kompakt. Außerdem waren ein entsprechender Werkzeugspeicher (44 Werkzeuge) und die Präzision wichtig. Derzeit bewegt man sich zwar im Bereich weniger Hundertstel Millimeter und reizt die mögliche Präzision noch nicht aus, aber so Peter Allaut, man wollte in die Zukunft investieren: „Wir wissen heute ja noch nicht, was künftig kommt. Vielleicht stellen wir damit irgendwann Spritzgussformen her oder fräsen Stahlformen für Gummisohlen. Deshalb war für uns wichtig, dass wir mit Fehlmann als Familienunternehmen auf Augenhöhe kommunizieren können, der Service ausgezeichnet ist und wir mit der VERSA über eine absolut zuverlässige und präzise Maschine verfügen.“ Die Formen bei RICOSTA sind nicht direkt mit hoch komplexen geschlossenen Spritzwerkzeugen vergleichbar. Vielmehr geht es dabei um ein Niedertemperatur-Niederdruckverfahren, kurz um Gießformenbau. Der Schuh wird dabei in einer Oberform positioniert, die Unterform mit Polurethan gefüllt. Danach wird die Form geschlossen, das Polurethan expandiert (steigt nach oben) und schäumt sich gegen den Schuh.
Interessant in Donaueschingen ist aber, dass nur drei Konstrukteure von der Idee bis zur Umsetzung der Form verantwortlich sind und diese Sohlenmodelle so konstruieren, programmieren und fräsen. Matthias Hepfer, einer dieser Konstrukteure sieht deshalb nicht nur in der VERSA die messbaren Vorteile sondern auch in der Automation: „Wir haben uns das Maschinenkonzept in der Schweiz, bei Fehlmann vor Ort angesehen. Das hat uns ebenso wie die Steuerung von Heidenhain überzeugt. Wir sind aber auch in der glücklichen Lage, dass wir eine Automation mit zehn Paletten bekommen haben. Derzeit arbeiten wir mit sechs Schraubstöcken und kommen so mit den mannlosen Schichten inklusive Nachts und am Wochenende, auf ca. 4.000 bis 5.000 Spindelstunden im Jahr.“ Diese hohe Auslastung ist auch deshalb von enormer Bedeutung, weil man sich so in Donaueschingen innerhalb einer vorgegebenen Zeitplanung bewegt. Konkret bedeutet das, Zeiten die Produktfindung und Entscheidungen in Anspruch nehmen, können in der Herstellung der Formen kompensiert werden.
Zuverlässig, präzise und bei dieser Werkstückgröße übers Wochenende, das mag sicher auch mit anderen 5-Achs-Bearbeitung-Zentren möglich sein. Fakt ist aber, dass die Verantwortlichen bei RICOSTA mit der PICOMAX 90 über zehn Jahre, also auch beim Service, ausnahmslos gute Erfahrungen gemacht haben. Und so war bei der Investition, Fehlmann mit der VERSA 825 nahezu fest gesetzt. Das konnte dann auch die Höhe der Investition nicht beeinflussen.

Die RICOSTA Schuhfabriken GmbH
RICOSTA entwickelt und produziert als familiengeführtes Unternehmen mit Hauptsitz in Donaueschingen seit über 45 Jahren Kinderschuhe und gehört zu den wenigen Schuhherstellern, die noch in Deutschland und europäischen Nachbarländern fertigen. Die zwei erfolgreichen und großen Markennamen sind RICOSTA und PEPINO. Pro Jahr werden mit 800 Mitarbeitern so an den Standorten Deutschland, Ungarn, Polen, Rumänien und Kroatien etwa 2 Millionen Paar Schuhe hergestellt. RICOSTA wurde als erster Kinderschuh-Hersteller Europas nach der Öko-Audit-Verordnung (EMAS) und nach DIN EN ISO 14001 zertifiziert und gewann mehrfach hochrangige Auszeichnungen der Schuhbranche.

Interessantes am Rande
Die Polyurethan-Sohle von RICOSTA besteht zur Hälfte aus Luft – das macht sie besonders leicht, flexibel und schockabsorbierend. Die PU-Sohle wird direkt an den Schaft angeschäumt und ist dann unlösbar mit ihm verbunden – umweltfreundlich, ohne Klebstoffe und somit emissionsfrei.

Nebenbei bemerkt
Peter Allaut: „Unser Formenbau war früher eher eine Modellschmiede. Digital sind wir 2007 mit der PICOMAX 90 und der entsprechenden Software in CAD-Konstruktion und Formenbau eingestiegen. 2010 haben wir dann begonnen auch Sohlenmodelle aus Kunstharz selbst zu konstruieren und herzustellen. Mittlerweile konstruieren und fräsen wir bereits weiterentwickelte mehrteilige Aluminium-Spritzformen.

RICOSTA Schuhfabriken GmbH
Herr Peter Allaut
D-78166 Donaueschingen
Tel.: 0771/805-170

www.ricosta.de


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