Präzision in Grenzbereichen


VDL ETG Projects bv - Es war weniger die Laufzeit von sechs Stunden pro Bauteil. Vielmehr ging es darum, die Toleranzen an einem Bauteil innerhalb von 10 µm in der Serie zu fertigen. So wurde dieses Projekt sowohl für VDL ETG Projects in Eindhoven wie für das Unternehmen Fehlmann zu einer wahren Herausforderung. Mit den Bearbeitungszentren FEHLMANN VERSA 825 in Verbindung mit der Automation von GIBAS ist es aber nach intensiver Entwicklungsarbeit und Tests gelungen, die Prozesse prozesssicher und wirtschaftlich abzubilden.


Zunächst war es eine Vision: ein Protonenbeschleuniger für die Krebsbehandlung sollte als kommerzielles Produkt entwickelt werden. Mittlerweile ist man mit diesem Projekt so weit, dass man in diesem Jahr bereits fertigt, testet und bei einwandfreier Funktion im nächsten Jahr damit in die Serie gehen möchte. Die Anlage eines solchen Protonenbeschleunigers mit einer Gesamtlänge von 24 Meter, beinhaltet 20 Module, in welchen jeweils 64 Kupferplatten verbaut sind. Kupferplatten, die alle Verantwortlichen allerdings vor zahlreiche große Herausforderungen stellte. Sämtliche Toleranzen an dem Bauteil bewegen sich innerhalb von nur 10 µm. Bei den Oberflächen ist Ra 0,2 gefordert. Das ist eine Präzision, die sich vor allem dann äußerst schwierig gestalten, wenn es um Serienfertigung geht. So war für Peter van der Elzen, Quality & Operation Manager bei der VDL ETG Projects, zu Beginn des Projekts vor vier Jahren zunächst die zentrale Frage, ist diese Präzision überhaupt erreichbar: „VDL ist dafür bekannt, dass wir eine derartige Präzision problemlos fertigen können. Im konkreten Fall aber war das Problem einerseits, dass sich diese Platten in der Form, der Dicke den Durchbrüchen etc. unterschiedlich gestalten. Andererseits war es die Serie, die wir aus wirtschaftlichen Gründen Mannlos gestalten wollten. Während sich andere Werkzeugmaschinenhersteller vor allem hinsichtlich der geforderten Präzision dazu nicht in der Lage sahen, kam von Fehlmann ein „wir versuchen es.“ Das heißt, von Fehlmann kam sehr schnell ein grundsätzliches Ja mit der VERSA 825. Für diesen Einsatz war allerdings selbst für die ohnehin präzise VERSA ein gewisses „Tuning“ notwendig. Dazu Roland Sandmeier, Verkauf Export bei Fehlmann: „Das Bearbeitungszentrum VERSA gilt auf Grund der geometrischen Genauigkeit und thermischen Stabilität in der Standardausführung schon als sehr präzise. Für die Bearbeitung der Kupferplatten bei VDL ETG Projects haben wir allerdings Feinheiten wie Schwenkzyklen oder auch die Nullpunktverschiebung um zwei µm geändert, denn die Konturen werden sehr fein abgezeilt. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt sind im Anschluss dann aber auch in die Fertigung unserer Standardmaschinen eingeflossen.“

Temperaturschwankungen beherrschbar, fertigungstechnisch alle Voraussetzungen erfüllt
Nun ging es bei dieser Aufgabe allerdings nicht nur um die Maschine sondern auch um das Mannlose fertigen. Ziel war es, auf Grund der positiven Erfahrungen, die Automation mit der Software von Soflex zu steuern. Die Wahl bei der Hardware bzw. den Robotern und Paletten-Speichern fiel deshalb auf das Unternehmen Gibas im holländischen Nijkerk (Fehlmann-Vertretung Holland mit eigener Automationsabteilung). Zumal man sich bei Gibas in der Lage war, diese Software problemlos zu integrieren.

Wie sensibel diese Präzision in der Serie zu handhaben ist, dass man sich damit in Grenzbereichen bewegt, machen zahlreiche Beispiele in Eindhoven deutlich. So wurde beispielsweise nach einer Bearbeitungszeit von zwei Stunden die Maschine geöffnet. Das Eindringen der klimatisierten Raumluft wirkte sich sofort derart negativ auf das Bauteil aus, dass es unbrauchbar war. Ebenso fatal gestaltet sich das Wechseln der Spindel. Bei dem Tausch einer warmen, in der Länge ausgedehnten Spindel gegen eine kalte waren die Verantwortlichen über die Ergebnisse regelrecht erschrocken. Das heißt, Temperaturschwankungen von Maschine und Raum sind unweigerlich voneinander abhängig, wobei nach Auskunft der Verantwortlichen Fehlmann die Temperaturen absolut im Griff hat. Zum einen ist die Maschine so aufgebaut, dass keine Kühlmittelemulsion auf die Gusskonstruktion gelangen kann. Zum anderen werden die Motoren automatisch gekühlt, das Kühlmittel konstant bei 20° C gehalten. Welch enorme Bedeutung diese Temperaturbeherrschung hat, zeigt sich auch daran, dass die Bearbeitungszeit von nur einer Kupferplatte sechs Stunden beträgt. In der Summe sind das für eine Anlage mit 20 Modulen insgesamt 30.000 Frässtunden.

Diese sechs Stunden Bearbeitungszeit konnten allerdings auch nur in enger Zusammenarbeit realisiert werden, denn VDL ETG Projects wollte aus wirtschaftlichen Gründen eine Frequenzspindel mit 80.000 min-1 einsetzen. Deshalb wurden damit bei Fehlmann in der Schweiz zahlreiche Tests durchgeführt.

Mittlerweile befindet man sich in Eindhoven in der Endphase der besprochenen Tests und ist davon überzeugt, dass man fertigungstechnisch alle grundsätzlichen Voraussetzungen erfüllen kann. Dass man damit, zunächst vermeintlich Unmögliches geschafft hat, liegt sicher an der gemeinsamen intensiven Entwicklungsarbeit. Das belegt sehr eindrucksvoll die Tatsache, dass das gesamte Projekt vier Jahren in Anspruch nahm, vom Auftrag bis zum Produktionsbeginn dann aber nur zwei Monate vergingen.

In der Summe sind es für Peter van der Elzen so auch zahlreiche Aspekte, die letztendlich zum Erfolg des Projekts führten: „Um diese Präzision in der Serie zu realisieren, bedarf es kompetenter Partner und einem entsprechenden technischen Equipment. Man darf aber auch nicht vergessen, dass man Mitarbeiter haben muss, die alles im Griff haben bzw. mit der Maschine eins sind. Unabhängig von der Höhe der Investition, wenn man ein solches Projekt angeht, muss man daran glauben, dass es funktioniert. Und das habe ich von Beginn an.“

Die VDL-Groep im Blickpunkt
Als 100 % Familienbetrieb beschäftigt sich das Unternehmen, mit der Entwicklung, der Produktion sowie dem Verkauf von Halbfabrikaten, Bussen und der Montage von Pkw (aktuell BMW-Group mit dem MINI-Cooper) beschäftigt. Insgesamt gehören 87 Betriebsgesellschaften in 19 Ländern mit zirka 10.500 Mitarbeitern zu der Gruppe. Die VDL ETG Projects in Eindhoven entwickelt, produziert, montiert und installiert weltweit Fertigungsequipment unter anderem für die Industriezweige Food, Medizintechnik bis hin zur Solartechnik und Halbleiterindustrie.

Interessantes am Rande
Das Unternehmen VDL ETG Projects ist kontinuierlich auf der Suche nach äußerst präzisen Werkzeugmaschinen. So arbeitet man beispielsweise auch mit luftgelagerten Präzisionsmaschinen, die sich allerdings nicht für die Serienproduktion eignen.

Nebenbei bemerkt
Nach dem sich die Tests in diesem Jahr durchweg positiv gestalten, geht man bei VDL ETG Projects davon aus, dass in 2017 mit der Serienfertigung der Protonenbeschleuniger begonnen werden kann.

VDL ETG Projects bv
Herr Peter van der Elzen
NL-5652 AH Eindhoven
Tel. + 31 40 2638218
www.vdletg.com


zurück
Top